Konferenzbericht der DGA-Tagung 2001

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Wissenschaftliche Tagung der DGA: Asien und das Internet

Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin, 18.-19. Mai 2001

Konferenzbericht von Christine Berg, ASIEN 81 (S. 96–101)

Alle zwei Jahre führt die Deutsche Gesellschaft für Asienkunde e.V. (DGA) in Verbindung mit ihrer Mitgliederversammlung eine wissenschaftliche Tagung durch. Wie auch schon bei zahlreichen Tagungen zuvor, war das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin Gastgeber dieser Veranstaltung, deren Besonderheit ist, dass zu einem Oberthema Informationen und Analysen aus verschiedenen asiatischen Ländern und Regionen und die Möglichkeit zu Regionen übergreifenden Vergleichen und Diskussionen geboten werden. Begrüßt wurden die Teilnehmenden am 18. Mai von dem Generalsekretär des Zentrums, Herrn Volker Klein, der u.a. auf die Bemühungen zur Schaffung eines E-Government in Japan hinwies. Der Vorsitzende der DGA, Dr. Christian Schwarz-Schilling (MdB), bedankte sich recht herzlich für die freundliche Aufnahme und verwies darauf, dass speziell dieses Tagungsthema die Programmatik der DGA widerspiegele, Zeitlosigkeit (Asien) mit hoher Aktualität (hier dem Internet) zu verbinden. In seiner kurzen Einführung machte er die informationstechnologischen Revolutionen für die größten Veränderungen in unseren Kulturen verantwortlich. Nach der Erfindung der Schrift und des Buchdrucks werde die elektronische (3.) Revolution Auswirkungen hervorbringen, die alles bisher Erlebte übertreffen und den Wegfall der hierarchischen Strukturen schaffen würden. Das 1. Panel „Der Referenzrahmen: Netze, Nutzer, Anwendungen“ leitete Christoph Müller-Hofstede, M.A., (Ost-West-Kolleg, Brühl). Uwe Afemann, M.A., (Universität Osnabrück) stellte in seinem Vortrag zum Thema „’E-velopment‘ — Vor- und Nachteile des Internets für Entwicklungsländer“ als Erstes die Frage, ob das Internet ein Allheilmittel sei. Der Begriff E-velopment wurde von der UNCTAD geprägt und soll durch die Verschmelzung von e-commerce und development vermitteln, welche neuen Entwicklungschancen durch die informationstechnologischen Fortschritte entstanden seien. Gerade UN-Kommissionen und die Weltbank haben verschiedentlich die Erwartung geäußert, die Informationstechnologie könne dazu beitragen, Unterentwicklung zu überwinden. Herr Afemann machte mit zahlreichen Statistiken (85% der Rechner stehen in den G8-Staaten, 0, 9% in China, Nigeria, Indien und Brasilien zusammen, 80% der Weltbevölkerung ist ohne Telefon als Voraussetzung für den Internetzugang) und anschaulichen Beispielen (ein Bangladeshi muss für einen PC acht Jahreseinkommen bezahlen) deutlich, dass das Internet zumindest kurzfristig die Ungleichheit zwischen und innerhalb der Länder vergrößere. Das Internet könne bei der Lösung von Dritte-Welt-Problemen höchstens helfen und es müssten Alternativen gesucht werden. Zum Thema „Wer hat Zugang zum Internet? WWW-Nutzung und digital divide in China“ machte Dr. Karsten Giese (Institut für Asienkunde, Hamburg) deutlich, dass z.B. das Internetprojekt von UNDP in den ländlichen Bereichen und Mittelschulen Chinas kaum umsetzbar sei, da die ärmere Bevölkerung i.d.R. nicht lange genug zur Schule gehe. E-Mailanwendungen und Chats spielen in China eine wichtige Rolle, E-Commerce sei eher untergeordnet. Dr. Giese machte in Hinblick auf den „digital divide“ auch auf den großen Unterschied zwischen reichen Küstenprovinzen bzw. Megastädten und dem ärmeren Hinterland aufmerksam. Erst seit 1994 überhaupt verfügbar, erlebe das Internet in der VR China seit der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre ein explosionsartiges Wachstum. In den letzten zwei Jahren verzehnfachte sich die Zahl der chinesischen Netizens auf mehr als 22 Mio. Menschen. In ihrem Vortrag „Widerstand ist zwecklos — Internet und Zensur in China“ zeigte Dr. Gudrun Wacker (SWP, Berlin) auf, mit welchen Methoden der Zugang zu unerwünschten Informationen und die Verbreitung dieser auf elektronischem Wege in einem autoritär regierten Land wie die VR China, das die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Internet nutzen will, verhindert oder eingedämmt werden können. Im Westen wurde ja häufig die These vertreten, dass sich das Internet aufgrund seiner Unabhängigkeit von territorialen Grenzen grundsätzlich der Kontrolle und Zensur durch einzelne Staaten entziehe. Die zu diesem Zweck eingesetzten staatlichen und nicht-staatlichen Überwachungsmechanismen, die sich auf Anreize für freiwillige Selbstzensur, vage formulierte Verbote, massive Internetpräsenz der offiziellen chinesischen Medien und polizeiliche Kontrollen stützen, seien — zumindest vorläufig — nicht so wirkungslos, wie dies häufig angenommen werde. Technologische Lösungen aus dem Westen tragen nicht unerheblich zur Wirksamkeit der eingesetzten Kontrollmaßnahmen bei. In der anschließenden Diskussion wurde die Frage, ob die Internetproblematik nicht überzogen sei, mit Nein beantwortet, da die UN das Internet fördere und selbst in China das Internet Thema des Parteitags sei. Es wurde herausgestellt, dass die Bevölkerung selbst nicht befragt werde, die Handy-Nutzung fraglich sei und das Internet nicht interessanter als z.B. die Printmedien sei, sondern die Erwartungshaltung zu hoch in Bezug auf das Internet. Dr. Wolfgang Brenn übernahm die Diskussionsleitung des 2. Panels zum Thema „Das Internet und die Asienwissenschaften“, das mit einem Vortrag von Dr. Claudia Derichs (Universität Duisburg) über den „Interneteinsatz in der japanbezogenen Lehre: Beispiel DJ 50“ begann. Der Beitrag von Dr. Derichs war ein Erfahrungsbericht aus der universitären Unterrichtspraxis der vergangenen 5 Jahre. In dem deutsch-japanischen Seminarprojekt „DJ 50“ wurde mit wechselnden technischen und personellen Konstellationen versucht, eine optimale Lernplattform für eine Internet gestützte Lehrveranstaltung zu entwickeln. Die Zielsetzung der Veranstaltung orientierte sich an drei Begriffen: interkulturelle Kompetenz, Interdisziplinarität und Medienkompetenz. Vorgestellt wurden der Projektaufbau, die Zielsetzung im Rahmen der politikwissenschaftlichen Lehre zu Japan und die bislang durch Zwischenevaluationen ermittelten Ergebnisse zu effektiven und weniger effektiven Formen des Interneteinsatzes im Unterricht. Dr. Derichs stellte die hohe Motivation der Studierenden heraus, bedauerte aber auch den hohen Zeitaufwand und technische Mängel des Projektes. Prof. Yoshiko Kawamura (Tokyo International University, zz. Universität Wien) stellte in ihrem Vortrag „Japanese Language Reading Tutorial System in the Internet Era“ ihr Internet gestütztes Lesehilfesystem vor, das den Benutzenden individuelle Lernziele ermöglicht. Das Japanese Language Reading Tutorial System dient als Materialhilfe für Japanischlernende (JaF) und greift auf drei Komponenten zurück: auf das „Dictionary Tool“, das automatisch die Leseweise und die Bedeutung eines kanji oder einer kanji-Kombination zeigt, auf den „Level Checker“, eine Software, die den Schwierigkeitsgrad des japanischen Lesematerials herausfindet, und schließlich die „Reading Materials Bank“ mit mehr als 350 Texten. Das Japanese Language Reading Tutorial System ist öffentlich zugänglich unter http://language.tiu.ac.jp. Konsens in der anschließenden Diskussion war, dass nach wie vor große Kommunikationsschwierigkeiten vorherrschen und ein wissenschaftlicher Ansatz auch bei den Chatrooms gesehen werden könne. Für das 3. und 4. Panel „Das Internet und das politische System (I) + (II)“ am Nachmittag übernahm Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost (Universität Halle) die Diskussionsleitung. Ausgangspunkt des Vortrags von Dr. Junhua Zhang (FU Berlin) mit dem Titel „China auf dem Weg zum e-government“ war die Frage, wie weiterhin kontinuierliches Wachstum und damit Stabilität erzeugt werden kann, ohne dass die Kommunistische Partei ausgehebelt werde. Dafür habe sich die chinesische Regierung drei Schritte einfallen lassen: 1. go West (= Förderung der Entwicklung der Provinzen im Westen Chinas), 2. Beitritt zur WTO und 3. Förderung der IT-Industrie und des Internets. So wurden in Bezug auf Bereich drei, zu dem ja das e-government zu rechnen ist, bereits Angebote im Internet für Bürger geschaffen, um mit z.B. Bürgermeistern oder den Volkskongressdeputierten zu kommunizieren. Das im Jahr 1999 begonnene Projekt „Government Online“ symbolisiere Chinas Ambition, ein modernes Verwaltungssystem einzuführen. Nachfolgend wurden u.a. folgende Schwierigkeiten in Bezug auf die Etablierung eines e-government in China diskutiert: asymmetrische Entwicklung der Infrastruktur in verschiedenen Regionen des Landes, Bürokratenwiderstand, Finanzierung und Technik- und Technologiemängel. In ihrem Vortrag „Internet als subversives Medium? Politische Netzkultur in Malaysia?“ stellte Dr. Claudia Derichs (Universität Duisburg) die Rolle des Internet für die politische Kultur Malaysias aus dem theoretischen Blickwinkel der politischen Gelegenheitsstrukturen dar. Die politische Kultur in Malaysia hat sich in den vergangenen 3-4 Jahren aufgrund mehrerer Entwicklungen stark verändert. In ganz erheblichem Masse mitverantwortlich für ein gesteigertes politisches Bewusstsein der Bevölkerung ist die Verbreitung von Informationen über das Internet. Wenngleich sich die Zugangsmöglichkeiten zu dieser Art von alltäglicher politischer Information gerade in ländlichen Gegenden noch recht bescheiden gestalten, gerät die Regierung doch unter Handlungsdruck. Das 4. Panel „Das Internet und das politische System (II)“ läutete Marlies Meyer (Universität Wien) mit dem Thema „Webpräsentationen japanischer Parteien“ ein. Wie kein anderes Medium ermöglicht das Internet schnelle, Flächen deckende und effektive Vermittlung von Informationen. Auch in Japan haben die politischen Parteien das Internet für Selbstdarstellung, Werbung, interne und externe Kommunikation gewählt. Ausgehend von der These, dass der Umgang einer Partei mit dem Medium Internet in direktem Zusammenhang mit ihrem spezifischen Politikverständnis bzw. im weiterem Sinne mit ihrem Demokratieverständnis stehe, wurden die Homepages der fünf Parteien LDP, DPJ, NKMT, SDPJ und KPJ einem Analyseverfahren unterzogen. Im Vortrag wurde anhand der Analyseergebnisse dargestellt, welche Form der Präsentation Parteien im Internet wählen, welche Inhalte transportiert werden, welche Möglichkeiten der Interaktivität den BürgerInnen geboten werden und wie mit den von außen eingehenden Meinungen umgegangen wird. Anschließend zeigte Dr. Dirk Nabers (Institut für Asienkunde, Hamburg) in seinem Vortrag „Das ‚E-JapanProject‘ – Die IT-Initiativen der japanischen Regierung“, dass die neue, postindustrielle Gesellschaft durch drei Charakteristika gekennzeichnet sei: erstens durch eine Restrukturierung von Produktions- und Managementprozessen durch die Nutzung von Informationstechnologien, zweitens durch eine Verlagerung der Produktion auf Finanz-, Informations- und Kommunikationsdienstleistungen und drittens durch die allmähliche Durchdringung aller Lebensbereiche jedes einzelnen Menschen mit Produkten der Informationstechnologie. Dr. Nabers beschrieb, wie die neuen IT-Initiativen aussehen und wie sie den wirtschaftlichen Strukturwandel fördern, den er eher gemischt optimistisch beurteilte. Das Regierungsprojekt ist ein Programm mit ca. 11.000 Punkten, die sich grob in sechs Kategorien einteilen lassen. In der folgenden Diskussion wurde noch einmal betont, dass die japanische Regierung rund 10 Mrd. US$ nur für das ‚E-Japan-Project‘ ausgebe. Auf den Websites der Parteien stehen in erster Linie Personen und Gruppenspezifika im Vordergrund. Das 5. Panel am 19. Mai „Internet und der gesellschaftliche Wandel (I)“ wurde von Prof. Dr. Cornelia Storz (Universität Marburg) geleitet. Den ersten Vortrag lieferte Iris Wieczorek, M.A., (Institut für Asienkunde, Hamburg) mit dem Titel „Japans Weg in die Wissensgesellschaft“. Japans Wettbewerbsfähigkeit hängt in zunehmenden Maße davon ab, wie gut und vor allem wie schnell es die Chancen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Gewinnung, Speicherung, Verarbeitung, Vermittlung und Verbreitung von Wissen zu nutzen weiß. Der Topos eines Übergangs von einer materiellen zu einer intellektuellen oder Wissensgesellschaft bzw. Informationsgesellschaft existiert in Japan bereits seit den 70er-Jahren. Es wurde aufgezeigt, wie Japan in den letzten Jahren den Weg in die Wissensgesellschaft gestaltete, wobei der Schwerpunkt auf der Informationsinfrastruktur in Japan lag. Aktionspläne, Initiativen und Investitionen der Regierung zum Aufbau einer Infrastruktur zur Verbreitung von Wissen sowie exemplarisch das Erfolgskonzept von „i-mode“ wurden kurz vorgestellt. Danach referierte Dr. Wolfram Manzenreiter (Universität Wien) in seinem Vortrag über „Cyber Communities in Japan“. Lange Zeit drohten die sozialen Aspekte des Internet im Schatten der New Economy, die kurz vor ihrem Einbruch auch Japan erreicht hatte, unterzugehen. Dabei rangierten die so genannten network externalities, also die externen Effekte der Informationstechnologien wie offene Systeme, synoptische Netzwerke, Dezentralisierung, Enthierarchisierung etc., vergleichsweise hoch im japanischen Diskurs zur Informationsgesellschaft, lange bevor der Cyberspace zur Realität wurde. Das implizite Versprechen vom „Globalen Dorf“ vermag die nationalen Grenzen nicht zu überwinden, in denen traditionell das sozialwissenschaftliche Konstrukt „Gesellschaft“ gedacht wird. Cyber Communities dagegen sind wesentlich leichter zu identifizieren. Anhand ausgewählter Fallbeispiele zeigte Dr. Manzenreiter, wie das Internet als Technologie- im-Gebrauch zur Schaffung neuer Formen von Öffentlichkeit, Ausgrenzung und Gemeinschaft in Japan beigetragen habe. Seine Frage, welche Position diese fragilen Sozialgebilde im gesellschaftlichen Wandel Japans einnehmen, wurde insofern beantwortet, als er die Handy-Dienste hervorhub und den Handy-Nutzenden gute Sozialkontakte anheim stellte. Das Phänomen der Individualisierung, die USA in ihrer Rolle als Vorreiter für Japan und technische Probleme mit UMTS waren Punkte in der folgenden Diskussion. Anschließend hielt Birgit Staemmler (Universität Tübingen) die beiden Vorträge „Cyberreligion: Selbstdarstellung japanischer Religionsgemeinschaften im Internet“ und (in Vertretung für Petra Kienle, Universität Tübingen) „Websites religiöser Organisationen in Japan: Analyse von Beispielen“. Nach statistischen Daten zur Internet-Nutzung in Japan, die von den von Frau Wieczorek referierten Daten z.T. erheblich abwichen, wurde das am Seminar für Japanologie der Universität Tübingen seit Dezember 1999 laufende DFG-Projekt „Selbstdarstellung und Selbstverständnis von Religionsgemeinschaften im japanischsprachigen Internet“ vorgestellt, das unter http://www.uni-tuebingen.de/cyberreligion mehr Informationen bietet. Präsentiert wurde ein von den Referentinnen entworfener und festgelegter Fragenkatalog, anhand dem 29 Websites japanischer Religionsgemeinschaften untersucht und miteinander verglichen worden waren, z.B. deren grafische Präsentationen, Inhalt und Struktur der Websites, die sprachliche Gestaltung usw. Damit sollte ein klarer Einblick in die jeweiligen Besonderheiten oder auch die uniformen Trends in der Präsentation der Religionsgemeinschaften im WWW ermöglicht werden. Im zweiten Vortrag wurden anhand einiger ausgewählter Beispiele Art und Inhalt der Informationen untersucht, die religiöse Gemeinschaften in Japan den Besuchenden ihrer Websites bieten. Vergleichend untersucht wurden Websites von Shintô-Schreinen, baptistischen Kirchen und buddhistischen Tempeln der Tendai-Schule. Folgende Punkte standen im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion: Die Websites wurden von Profis, aber auch von Pfarrern erstellt. Das Internet ist in der Tat in die Japanforschung einbettbar, es gibt einen hermeneutischen Ansatz. Bei der Analyse wurden auch problematische Religionsgemeinschaften berücksichtigt, die inhaltliche Entwicklung fiel bisher jedoch nicht ins Gewicht. Die Websites verfolgen unterschiedliche Ziele: Es werden sowohl einfach die Schönheit von z.B. Schreinen oder Tempeln präsentiert als auch Gläubige zum Kommen/Eintreten angeregt. Im 5. Panel „Internet und der gesellschaftliche Wandel (II)“ übernahm Dr. Christian Wagner (ZEF, Bonn) die Diskussionsleitung. Jens Damm (FU Berlin) führte in seinem Vortrag „Das WWW in China und Taiwan — Effekte der Heterogenisierung und Homogenisierung“ aus, dass das Internet nicht zu einer Homogenisierung führe, sondern zu einem globalen Diskurs. Er verglich die Benutzerprofile chinesischer und taiwanesischer Internet-User und vertrat die These, dass durch den spezifischen nicht-hierarchischen Aufbau des WorldWideWeb Tendenzen einer einseitigen Homogenisierung im Sinne einer „Verwestlichung“ entgegen gewirkt werde, wobei es jedoch auf der Ebene der Benutzenden einer gleichen Sprache zu Tendenzen der Angleichung kommen könne. Herr Damm demonstrierte dies an den beiden Beispielen der taiwanesischen Hakka-Bewegung und dem Diskurs der Homosexualität in Taiwan, China und Hongkong. In seinem Vortrag „Indien zwischen Analphabetismus und Softwareentwicklung“ verdeutlichte Dr. Wolfgang- Peter Zingel (Universität Heidelberg) die Ungleichheiten innerhalb eines Landes, dessen Softwarespezialisten im Westen (der „@“ und „und“ nicht zu unterscheiden vermag) zu Recht umworben sind. Das Internet sei in Indien längst noch nicht so weit verbreitet, wie man das nach den Erfolgsberichten über die indische Software-Industrie erwarten könnte. Die Kommunikationsnetze seien jedoch verbessert worden, der E-Commerce spiele bislang keine Rolle, da der Markt fehle. Im Hinblick auf staatliche Regulierung gebe es nur wenige Beschränkungen. Die Ausbildung erfolge meist in einfachen IT-Dienstleistungsbereichen. Indien hoffe, durch Erfolge in der Informationsrevolution die Versäumnisse der industriellen Revolution wettmachen zu können. In der letzten Diskussionsrunde wurde im Hinblick auf beide Beiträge noch einmal die Vorbildfunktion der USA herausgestellt. Auch Indien wolle zukünftig das e-government fördern. In Taiwan führen die Hakka den Diskurs des Selbstbehauptungsgedankens, die Gendersites entspringen globalen Ideen. Die Frage, ob Taiwan in Bezug auf Homogenisierung Einfluss auf China ausübe, sei eine andere Problematik, die jedoch nicht überbewertet werden solle. In seinem Schlusswort bedankte sich Dr. Schucher bei den Teilnehmenden, den Referierenden und beim Gastgeber JDZB. Die freundliche Atmosphäre und das effektive Servicepersonal des Hauses schafften ein angenehmes Tagungsumfeld. In den anregenden Diskussionen, den interessanten – und meist durch PC, Beamer und Internet gestützten – Präsentationen und Vorträgen sowie in der großen Bandbreite der Themen zu „Asien und das Internet“ spiegelten sich die Aktualität der Tagung und die Notwendigkeit des Themas hervorragend wider. Christine Berg