Konferenzbericht der DGA-Tagung 2013
Wissenschaftliche Tagung der DGA: Leadership and Authority in Asia: Politische Führung und Führungsstile in Asien
Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin, 20.–21. Juni 2013
Konferenzbericht von Miriam Franz, ASIEN 128 (S. 107–108)
Anlässlich der Mitgliederversammlung der DGA hat vom 20. bis 21. Juni 2013 im Japanisch-Deutschem Zentrum in Berlin eine wissenschaftliche Tagung zum Thema „Leadership and Authority in Asia: Politische Führung und Führungsstile in Asien“ statt gefunden. Als Auftakt und Einleitung in das Thema hält Prof. Dr. Aurel Croissant einen Vortrag zum Thema „The multitude of political systems and the diverging sources of legitimacy and authority in Asia“. Er zeigt die Vielschichtigkeit des Begriffs leadership sowie dessen verschiedene Erscheinungsformen auf. Durch eine anschauliche Übersicht der unterschiedlichen politischen Regime in Asien wurde deren Vielschichtigkeit verdeutlicht. Generell stellte Croissant in seinem Vortrag heraus, dass ein Rückgang an militärischen Autokratien und eine Zunahme an Vielparteiensystemen in den letzten 40 Jahren in Asien zu verzeichnen sei. Im Gegensatz zur weltweiten Entwicklung bleiben kommunistische Systeme (China, Vietnam) stabil und scheinen den Veränderungen gegenüber resistent zu sein. Die politischen Systeme erlangen ihre Legitimität aus verschiedenen Quellen. Croissant verdeutlicht, dass viele Autokratien nach wie vor ihr Recht zu regieren erfolgreich legitimieren können. Mehr noch, dass die Unterstützung der politischen Systeme im autoritär regierten Asien im Vergleich zum demokratisch regierten Asien höher sei. Das internationale Panel diskutiert nach kurzen Impulsreferaten die Herausforderungen von leadership, welche durch die spezifischen Fachkenntnisse der Teilnehmer über die Regionen Japan (Dr. Alexandra Sakaki, Berlin), SOA (Prof. Dr. Nobuto Yamamoto, Tokyo) und China (Prof. Dr. Katja Levy, Berlin) dargestellt werden. Globale und regionale Herausforderungen beeinflussen die Praxis sowie Globalisierungsprozesse und in besonderer Weise ökonomische Prozesse. Aber auch die Wahrnehmung von leadership, insbesondere die Wahrnehmung der Führung im eigenen Land, wird beeinflusst durch die Wahrnehmung von anderen Ländern. Am ersten Tag wird eruiert, dass Führung in Asien aus drei Perspektiven zu betrachten ist: Ökonomie, Politik, Religion. Der zweite Tag der Tagung befasst sich eingehend mit der Frage, woher die jeweilige Führung oder Regierung ihre Legitimation bezieht. Unter dem Titel „Dynastien und Demokratie: verschiedene Formen von Herrschaft in Asien“ geben die Experten der Regionen NA (Prof. Dr. Claudia Derichs, Marburg), SA (Dr. habil. Christian Wagner, Berlin) und SOA (Dr. Patrick Ziegenhain, Trier) Impulse zu ihren jeweiligen Fachgebieten. Es wird schnell ersichtlich, dass in SOA oftmals die Verbindung zwischen Dynastie und Demokratie die Regierungsform prägt. Aber auch die zunehmende Anzahl von Wirtschaftsaufsteigern in der Politik gestaltet diese im steigenden Maße mit. Derichs skizziert anhand von zwei Beispielen die Rolle von Frauen in politischen Führungspositionen in NA. Im südasiatischen Raum sind die Unterschiede zwischen autoritären Systemen und Demokratien laut Wagner eher gering. Die Ursachen hierfür lassen sich auch auf weitere Regionen Asiens verallgemeinern. Die soziale Struktur und die Partei- und Institutionsstrukturen sind von hoher Bedeutsamkeit für das politische System. Dynastische Strukturen sind bisweilen stark verankert, so dass ein Wandel ehr langsam vollzogen wird. Die Rolle von Dynastien im Demokratisierungsprozess lässt sich jedoch nicht allgemeingültig beantworten. In manchen Ländern wirken sie sich hemmend aus und in anderen Ländern, wie Sri Lanka, eher positiv. Unterschiedliche Führungstraditionen in Unternehmen und teilweise in der Politik werden anhand der Regionen Japan (Prof. Dr. Franz Waldenberger, München), Korea (Prof. Dr. Fabian Jintae Froese, Göttingen), Indonesien (Dr. Christian von Lübke, Freiburg) und China (Prof. Dr. Doris Fischer, Würzburg) aufgezeigt. Die verschiedenen Führungstraditionen, die beispielsweise einen unterschiedlichen Umgang zwischen Mitarbeitern und Führungsperson aufweisen sowie unterschiedliche Entwicklungen in der Rolle von Ökonomen in der Politik, verdeutlichen erneut die Diversität Asiens. In Korea und Japan werden kaum Unterschiede in den Führungsgenerationen gesehen, wohin gegen in China und Indonesien eher große Unterschiede zu verzeichnen sind. Im Workshop II wird am Nachmittag die Rolle von Religion als dritte Dimension von Führung erörtert. Experten aus den Regionen Indien (Raphael Susewind, Oxford/Bielefeld), Iran (Simin Fadaee, Berlin) und Indonesien (Syafiq Hasyim, Berlin) zeigen, dass zum einen der Einfluss von Religion in säkularen Ländern, wie Japan, nicht zu unterschätzen ist und dass je nach Region Religion einen entscheidenden Einfluss auf die Politik hat (Raphael Suesewind zeigt dies beispielsweise anhand der Intra-Ulema Politics in Indien). Ein Hand-in-Hand-Gehen von Religion, politischem Einfluss und ökonomischen Interessen ließe sich in allen ausgewählten Ländern erkennen. Im Abschluss-Panel endet die Tagung mit einer angeregten Diskussion über einen möglichen globalen asiatischen Führungsanspruch. Die Diskussion verdeutlicht, dass es nicht den einen asiatischen Führungsstilanspruch und nicht die asiatische Führung gibt. Allenfalls einzelne Regionen könnten möglicherweise in Zukunft einen Anspruch auf andere Regionen erheben. Selbst China wird kein globaler Führungsanspruch, höchstens ein Führungsanspruch für die asiatische Region zugesprochen. Modelle für asiatische Führung in einer immer komplexeren und globaleren Welt müssen sich erst noch entwickeln und selbst dann ist deren erfolgreiche globale Inanspruchnahme noch fraglich. Miriam Franz